ZEHN FAKTEN

Der Begriff Mikrobiom wurde im Jahre 2001 von Joshua Lederberg festgelegt. Der Begriff beinhaltet die ökologische Gemeinschaft aller kommensalen, symbiotischen und pathogenen Organismen, welche unseren Körper besiedeln.
Obwohl das menschliche Mikrobiom technisch als das vollständige Genom (ein vollständiger DNA-Satz eines Organismus einschließlich der Gene) aller Mikroorganismen im und am menschlichen Körper definiert wurde, wird der Begriff heute synonym verwendet, um sich auf die Gemeinschaft aller Mikroorganismen in diesem Lebensraum zu beziehen.

Ja und ob! Das menschliche Mikrobiom besteht aus 10-100 Billionen symbiotisch mikrobieller Zellen, hauptsächlich im Darm lokalisiert. Ein Vergleich der Zellzahlen ergab, dass Mikroben die mit uns leben unsere eigenen Körperzellen mit einem Faktor von 1,3:1 übertreffen. Das Gewicht dieser Mikroben beträgt ungefähr ein bis drei Prozent des Körpergewichtes (bei einer 60 kg-schweren Person sind das 0,6-1,8 kg).

Der menschliche Körper ist ein komplexes Ökosystem, von dem lange angenommen wurde, dass es in der Lage ist, als seine eigene physiologische Insel zu existieren. Aber wir lagen so falsch!
Ohne die Billionen von Mikroben, mit denen wir unseren Körper teilen, würden wir uns schwer tun, wichtige Nährstoffe abzubauen, Signale vom Körper bezüglich unseres Zustands von Hunger oder Sättigung zu empfangen oder unser Immunsystem in Schach zu halten!

Interessanterweise ist es das Mikrobiom, das jeden Menschen so einzigartig macht: vergleicht man den menschlichen Genkatalog mit unserem Mikrobiom, sieht unsere genetische Vielfalt ziemlich blass aus. Allein im Darm, wo der Großteil unseres Mikrobioms lebt, existieren 3,3 Millionen Gene im Vergleich zu nur 22.000 Genen im humanen Genom. Wir Menschen sind einander genetisch zu 99,9% identisch, während das Mikrobiom jedes einzelnen sich zu 80-90% voneinander unterscheidet.
Bild: Gaby D’Allesandro / American Museum of Natural History

Tatsächlich beginnt jedes neugeborene Leben steril. Während der Geburt und dem Stillen sammeln wir die mütterlichen kommensalen Bakterien auf. Dann geht es weiter mit beiden Elternteilen, den Großeltern, Geschwistern, Haustieren und der Umwelt selbst, welche voll mit Mikroben ist.
Während des ersten Lebensjahres reift das Mikrobiom beinahe zum Erwachsenenstadium heran, was es zu einem der komplexesten Ökosysteme der Welt macht. Während dieser Zeit und darüber hinaus spielt die Ernährung eine Schlüsselrolle bei der Zusammensetzung des Mikrobioms. Gestillte und Flaschenkinder zeigten starke Unterschiede in der Besiedelung ihrer Darmflora, welche sich mit jeder Einführung eines neuen Nahrungsmittels wieder grundlegend ändert und mit der Zeit bunter wird.

Unser Immunsystem befindet sich in einem konstanten Balanceakt zwischen Abwehr und Toleranz. Diesen Balanceakt kann unser Immunsystem nur mit der Hilfe von Mikroorganismen stemmen. Die Mikroben bringen unserem Immunsystem bei, welche Zellen bekämpft werden und welche in Ruhe gelassen werden sollen.
Es wurde zum Beispiel entdeckt, dass ein sehr häufig vorkommender Mikroorganismus namens Bacteroides fragilis regulatorische T-Zellen ankurbelt, welche die pro-inflammatorischen T-Zellen davon abhalten zu aggressiv zu werden. Diese Erkenntnisse zeigen, dass Bakterien notwendig sind um dem Immunsystem zu helfen, nicht gegen Zellen zu reagieren, welche unserem Körper keinen Schaden zufügen! Wenn diese Bakterien fehlen, überreagieren wir auf alles Mögliche und wir bekommen Allergien oder Asthma.

Normalerweise denkt man bei Bakterien immer an pathogene, schädliche Bakterien. Darum hat sich auch die Wissenschaft sehr auf diese schädlichen Bakterien fokussiert und die „guten Jungs“ ignoriert.
Der Grund, sagt der Biologe Sarkis K. Mazmanian vom California Institute of Technology, ist unsere verdrehte Sicht auf die Welt. „Unser Narzissmus hat uns gebremst; wir dachten, wir hätten bereits alle Funktionen die wir für unsere Gesundheit benötigen” sagt er. „Nur weil Bakterien fremd sind, nur weil wir sie erst während unseres Lebens erwerben, sind sie nicht weniger ein wesentlicher Bestandteil von uns.“
Ein weiterer Grund war die fehlende moderne Technik. Obwohl es erste Studien zum Mikrobiom schon 1680 von Antonie von Leewenhoek gab, der zwischen seinen fäkalen und oralen Bakterien bemerkenswerte Unterschiede feststellte, gab es zu der Zeit noch keine adäquaten Methoden um das Mikrobiom vollständig analysieren zu können. Heute erlauben moderne (molekularbiologische) Techniken die Isolierung und Charakterisierung ALLER Bakterien, auch der schwer zu züchtenden anaeroben Bakterien, und die Möglichkeit zu verstehen, was diese Bakterien alles Gutes für uns tun!

Die größte Bedrohung für unser Mikrobiom stellt der weitverbreitete Gebrauch von Antibiotika dar. Antibiotika retten sehr viele Leben, werden jedoch auch zu häufig ohne Bedacht oder als Prophylaxe angewandt.
Antibiotika unterscheiden leider nicht zwischen den guten und den schlechten Bakterien. In den USA haben die meisten Kinder mit 15 Jahren schon mehrere Antibiotikarunden hinter sich, für nur eine einzige Krankheit, z.B. Mittelohrenentzündung.
Anders gesagt kannst du dein Mikrobiom schützen, indem du Antibiotika und andere nicht-selektive antibakterielle Substanzen vermeidest, abwechslungsreich isst und etwas mehr im Dreck spielst!

Diese Frage kann aus 2 Perspektiven mit JA beantwortet werden:
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Unsere Ernährung beeinflusst unser Darm-Mikrobiom, durch die Förderung von Bakterien welche Nährstoffe aus unserer Nahrung entweder besser oder schlechter verwerten können.
Der Genuss von sehr fetthaltigen Produkten reduziert die Diversität und Menge der Darmbakterien und unterstützt die Vermehrung solcher Bakterien, die eine schnelle Fettablagerung begünstigen.
Werden sterile Mäuse mit dem Mikrobiom von fettleibigen Mäusen kolonisiert, wurde eine Tendenz zu schnellerer Fettablagerung festgestellt, als wenn die Mäuse das Mikrobiom von schlanken Mäusen erhielten. -
Unser Mikrobiom im Verdauungstrakt sagt uns wann wir essen sollen. Die Bakterien die in unserem Magen residieren, genannt Helicobacter pylori, lassen uns wissen ob wir hungrig oder satt sind. Neben der Regulation des Säuregehalts im Magen bewirkt dieses Bakterium eine Abnahme des Hormons Ghrelin, welches in die Appetitregulierung involviert ist. Fehlt dieses Bakterium, kommt es zu einer erhöhten Ghrelin-Produktion und damit zu einem größeren Appetit.
Leider hatte H. pylori in den letzten Jahrzehnten einen schlechten Ruf als Verursacher von Magengeschwüren, in dafür anfälligen Personen; das Bakterium wurde beinahe vollständig in unseren Mägen mit Antibiotika eliminiert.
Waren beispielsweise vor zwei bis drei Generationen noch 80% der U.S.-Bürger Träger von H. pylori, sind jetzt nur noch weniger als 6% der amerikanischen Kinder mit diesem Keim H. pylori besiedelt, was eine Erklärung für die erhöhte Adipositasrate in den Vereinigten Staaten sein kann.