von Lisa Keilhofer

Brustkrebs mit Fehlbesiedelung des Mikrobioms assoziiert

Immer in Balance bleiben – innerlich, äußerlich und mental

Zu den Risikofaktoren zählen genetische Prädisposition, Übergewicht, Rauchen oder auch Hormonersatz-Therapien. Das Fachmagazin Frontiers in Oncology veröffentlichte im Februar 2020 eine Studie, die auch ein gestörtes Mikrobiom als möglichen Risikofaktor identifizierte (1). Interessanterweise bezieht sich diese Erkenntnis nicht nur auf das Darm-und Stuhl-Mikrobiom, dessen Dysfunktion schon mit diversen Krankheiten in Verbindung gebracht wird. Auch beim Brust- und Milchmikrobiom von Brustkrebs-Patientinnen wurden Dysbalancen festgestellt. Allerdings steckt das letztendliche Verständnis im Zusammenhang von Brustkrebs und dem Brustmikrobiom noch in den Kinderschuhen.

Brustmikrobiom

Es ist eine wissenschaftlich gesehen relativ neue Erkenntnis, dass das weibliche Brustgewebe nicht steril, sondern von spezifischen Mikroben besiedelt ist (2). Bei Patientinnen mit Brustkrebs ist es zudem sehr wahrscheinlich, dass bestimmte Bakterienarten, die vor einer Krebsentstehung schützen können, vermindert vorkommen. Insgesamt scheint eine bakterielle Fehlbesiedelung im Brustgewebe bei der Tumorentwicklung maßgebend zu sein. (2).

Krebsauslösende Infektionen

Zahlreiche Studien zeigen, dass bestimmte Infektionserreger wie Bakterien oder Viren die Ursache für Tumoren sind. Weltweit sind wohl 5-14 % aller neuen Krebserkrankungen auf Infektionen zurückzuführen. Ganze 10 pathogene Erreger konnten eindeutig in Korrelation mit Krebserkrankungen gebracht werden Die häufigsten darunter sind Helicobacter pylori, Hepatitis-B-Virus und Hepatitis-C-Virus (3). Interessanterweise gibt es auch einen Zusammenhang von Infektionen mit dem Epstein-Barr-Virus (EBV) bzw. Herpes-Virus-4 und dem Krebs an Mamillen (Milchdrüsen). In 40 % aller Milchdrüsenkrebsfälle konnte eine gleichzeitige Infektion mit den oben genannten Viren diagnostiziert werden (4). Ähnliche Zusammenhänge konnten etwa mit dem humanen Papillomvirus (HPV) nachgewiesen werden.

Im Umkehrschluss könnten solche Erkenntnisse zukünftig auch sinnvoll für eine Brustkrebs-Prophylaxe eingesetzt werden. Auf ein austariertes Brust-Mikrobiom zu achten und durch „Mikrobiom-freundliche“ Produkte zu unterstützen, kann definitiv ein Beitrag zur Krebsprävention sein.

Milchmikrobiom

Die Zusammensetzung des Milchmikrobioms wird durch Schwangerschaft, Lifestyle, Antibiotika und Ernährung beeinflusst. Die Bakterien der Muttermilch entstammen dem Gastrointestinaltrakt und werden durch das Stillen an den Säugling weitergegeben. Es zeigt sich hier also wie hochkomplex Stillen ist und welch wertvollen Beitrag die Mutter dadurch zu einem starken kindlichen Mikrobiom leisten kann. Interessanterweise profitiert auch umgekehrt die Mutter davon, dass über ihre Haut Mikroben des kindlichen oralen Mikrobioms an sie übertragen werden.

Die Zusammensetzung von Brust- und Milchmikrobiom ist fast identisch und besteht vorwiegend aus Proteobakterien gefolgt von Firmicutes, Actinobacteria und Bacteroidetes (5). Weiterführende Studien konnten sogar regionalspezifische Zusammensetzungen der Muttermilch identifizieren, im Durchschnitt jedoch kommen bis zu 360 Bakterienarten vor.

Es steht außer Frage, dass diese komplexe Zusammensetzung sowohl für die Entwicklung des Säuglings wichtig ist, als auch die Grundlage für die Gesundheit der mütterlichen Brust darstellt. Metagenom-Analysen zeigen bei gesunden Frauen, dass sehr viele verschiedene Bakterienarten vorkommen, wohingegen bei Frauen mit akuter oder subakuter Mastitis Staphylococcus aureus oder Staphylococcus epidermidis dominieren. Und auch in diesen Fällen ist das eigentlich vielfältige Spektrum der Mikroben nicht besonders ausgeprägt

Darmmikrobiom

Während der Zusammenhang zwischen Brustkrebs und dem Brust- bzw. Milchmikrobiom offensichtlich ist, ist es umso bemerkenswerter, dass auch Veränderungen des Darmmikrobioms die Krebsentstehung in Darm-fernen Organen fördern kann. Die im Darm ansässigen Mikroben bauen ansonsten unverdauliche Ballaststoffe in kurzkettige Fettsäuren um, produzieren Aminosäuren und Vitamine und helfen bei der Absorption von Mineralstoffen. Gleichzeitig beseitigen sie Toxine und Karzinogene. Damit legt ein intaktes Mikrobiom den Grundbaustein für ein intaktes Immunsystem und schützt vor Krankheiten aller Art.

Was Brustkrebs angeht, deuten einige weitere Studien darauf hin, dass die Zusammensetzung des Darm-Mikrobioms bestimmte Stoffwechselprodukte hervorbringt, die etwa Brustkrebs begünstigen oder hemmen können. Ein Beispiel ist Cadaverin, ein Stoffwechselprodukt, das bei der bakteriellen Eiweißzersetzung aus der Aminosäure Lysin entsteht. Im frühen Brustkrebsstadion ist das Vorkommen von Cadaverin reduziert, was das Zellwachstum des Krebses begünstigt (7).

Der regelmäßige Konsum von Lignanen, die etwa in Sonnenblumen - oder Kürbiskernen, Leinsamen oder Hülsenfrüchten enthalten sind, hat sich als förderlich für ein widerstandsfähiges Darm-Mikrobiom erwiesen. Des Weiteren zeigte sich, dass Frauen, die täglich mehr als 30 g Ballaststoffe, Obst oder Saaten zu sich nehmen, ein niedrigeres Brustkrebsrisiko hatten als ihre Vergleichsgruppe. Der höhere Konsum von rohem Gemüse senkte das Brustkrebsrisiko sogar um ganze 34% (8).

Prävention und Therapie

Neben den genannten Tipps zur Mikrobiom-freundlichen Ernährung schneiden die Autoren einer Studie noch weitere Forschungsansätze an. Versuche an Mäusen konnten belegen, dass bei östrogenabhängigem Brustkrebs durch Fütterung mit Milch, die mit Lactobacillus helveticus R389 fermentiert wurde, das Tumorwachstum verlangsamt werden konnte. Dies geschieht wohl auch durch die Senkung von IL-6, einer entzündungsfördernden Signalsubstanz unserer Immunabwehr, das bei östrogenabhängigen Tumoren eine große Rolle spielt (9).

Andererseits gibt es auch vielversprechende Versuche, spezielle bakterielle Enzyme zu hemmen, die den Metabolismus von Krebsmedikamenten wie Irinotecan verzögern. Starke Nebenwirkungen bestimmter Zytostatika (Krebsmedikamente) können so sehr gut abgefedert werden. (10).

Gezielte und wissenschaftlich fundierte Probiotika-Therapien könnten zukünftig die Funktionalität des Mikrobioms fördern oder das Darm-Mikrobiom restaurieren und so die natürliche Abwehr des Körpers unterstützen.
Präventiv schlagen die Autoren vor, antibakterielle Wirkstoffe generell so zu entwickeln, dass nur spezifische Mikroorganismen und nur bestimmte Abschnitte des Darmtrakts beeinflusst werden.

Sources / References:

1. Eslami-S Z, Majidzadeh-A K, et al. Microbiome and Breast Cancer: New Role for an Ancient Population. Front. Oncol. 2020, https://www.frontiersin.org/articles/10.3389/fonc.2020.00120/full

2. O'Connor H, MacSharry J, Bueso YF, Lindsay S, Kavanagh EL, Tangney M, et al. Resident bacteria in breast cancer tissue: pathogenic agents or harmless commensals? Disc Med. 2018, https://www.discoverymedicine.com/Hugh-OConnor/2018/09/resident-bacteria-in-breast-cancer-tissue-pathogenic-agents-or-harmless-commensals/

3. De Martel C, Ferlay J, et al. Global burden of cancers attributable to infections in 2008: a review and synthetic analysis. Lancet Oncol. 2012, https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/?Db=pubmed&Cmd=ShowDetailView&TermToSearch=22575588

4. Fina F, Romain S, et al. Frequency and genome load of Epstein-Barr virus in 509 breast cancers from different geographical areas. Br J Cancer, 2001, https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/?Db=pubmed&Cmd=ShowDetailView&TermToSearch=11259092

5. Costantini L, Magno S, et al. Characterization of human breast tissue microbiota from core needle biopsies through the analysis of multi hypervariable 16S-rRNA gene regions. Sci Rep., 2018, https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/?Db=pubmed&Cmd=ShowDetailView&TermToSearch=30442969

6. Jiménez E, de Andrés J, et al. Metagenomic analysis of milk of healthy and mastitis-suffering women. J Human Lactation, 2015, https://journals.sagepub.com/doi/abs/10.1177/0890334415585078

7. Kovács T, Mikó E, et al. Cadaverine, a metabolite of the microbiome, reduces breast cancer aggressiveness through trace amino acid receptors. Sci Rep., 2019, https://www.nature.com/articles/s41598-018-37664-7

8. Sieri S, Krogh V, Pala V, Muti P, Micheli A, Evangelista A, et al. Dietary patterns and risk of breast cancer in the ORDET cohort. Cancer Epidemiol Prev Biomark., 2004, https://cebp.aacrjournals.org/content/13/4/567.short

9. de Moreno de LeBlanc A, Matar C, Theriault C, Perdigon G. Effects of milk fermented by Lactobacillus helveticus R389 on immune cells associated to mammary glands in normal and a breast cancer model. Immunobiology., 2005, https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0171298505001014

10. Wallace B, Roberts A, et al. Structure and inhibition of microbiome β-glucuronidases essential to the alleviation of cancer drug toxicity. Chem Biol., 2015, https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S1074552115003257

Lisa Keilhofer
Lisa Keilhofer
Autorin

Lisa Keilhofer studierte an der Universität Regensburg. Sie arbeitet im Bereich Internationalisierung und als freiberufliche Lektorin.

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