von Lisa Keilhofer

Corona in aller Munde? Erstmal tief durchatmen!

Keine Panik und erstmal tief durchatmen!
Keine Panik und erstmal tief durchatmen! (Pic.: © kegfire - stock.adobe.com)

Herzlich willkommen im dreihundertsten Artikel, den Du zu Corona liest. Natürlich sind wir alle inzwischen mehr oder weniger zum Hobby-Virologen avanciert und kennen jede Studie dazu. Wirklich? Wie viele Studien kennen wir denn?

Tatsächlich ist es doch so, dass die Politik und alle beratenden Institutionen derzeit mehr oder weniger auf Sicht fahren. Inwieweit Maßnahmen völlig verspätet ergriffen wurden und Menschenleben kosteten oder völlig überzogen waren und wirtschaftliche Existenzen kosteten, das wird erst die Retrospektive zeigen. Klar ist auch, dass man in einem noch nie dagewesenen Szenario als Entscheider letztendlich nie ganz richtig liegen kann.

Wir wollen euch also Statistiken ersparen, wie wahrscheinlich ihr erkrankt und wie hoch die Todesfallrate in eurer Altersgruppe ist, denn dazu fehlt schlicht noch belastbares Datenmaterial. Konzentrieren wir uns lieber auf das, was wir wissen: in schweren oder kritischen Verläufen sind nicht nur die oberen Atemwege befallen, sondern die Lungen.

Was macht eigentlich unsere Lunge, außer atmen?

Was wissen wir über unsere Lunge, außer dass sie für die Atmung zuständig ist? Einer der wenigen Spezialisten für das Lungenmikrobiom ist Prof. Michael Schloter vom Helmholtz Zentrum München. In einem Interview in der Apothekenumschau von April 2019 fasst er zusammen, was die Wissenschaft bislang weiß:

Die Lunge ist die erste Barriere, die eingeatmete Viren und Bakterien sowie weitere schädliche Substanzen überwinden müssen, um in den Körper zu gelangen. Das heißt aber im Umkehrschluss, dass nicht alles, was wir einatmen, ungehindert unseren Körper erobern kann, sondern in der Tat kann eine intakte Lunge hier Abwehrarbeit leisten. Dies kann sie am besten, wenn sie bereits mit den für sie vorgesehenen Mikroben besiedelt ist. Die Rede ist hier vor allem von Prevotella Bakterien. Ob diese eine bestimmte Funktion haben, ist bislang unklar, aber sicher ist, wo schon Bakterien angesiedelt sind, werden Neuankömmlinge erfolgreicher abgewehrt, als bei bislang unbesiedeltem Gewebe. Es ist sogar erwiesen, dass die vorhandenen Bakterien in der Lunge die Abwehrkräfte derselben stimulieren.

(Die ausführliche Zusammenfassung des Interviews gibt es hier: Wissenschaftler nehmen sich das bisher fast unerforschte Lungenmikrobiom vor)

Was können wir unserer Lunge Gutes tun?

Um das Lungenmikrobiom möglichst intakt zu halten und die Lunge in ihrer Abwehrarbeit bestmöglich zu unterstützen, können wir eine ganze Reihe von Dingen tun. Nicht rauchen, um mit dem Offensichtlichen zu beginnen. Eine gute Nachricht für alle Nichtraucher und ein Ansporn für alle Gelegenheitsraucher und alle, die schon länger überlegen, endlich aufzuhören. Aber das ist bei weitem noch nicht alles.

Feinstaub ist ein weiteres Thema, das häufig unterschätzt wird. Nanopartikel aus Autoabgasen oder von Fabriken belasten unsere Lungen ebenso. Dabei ist die Feinstaubbelastung je nach geografischer Lage der Städte und angesiedelter Industrie ganz unterschiedlich (Quelle: UTOPIA). Stuttgart mit seiner Kessellage und starken Automobilindustrie führt die Liste der stark belasteten deutschen Städte an. Es folgen München, Gelsenkirchen, Reutlingen und Görlitz, um nur die Top 5 zu nennen. Weltweit gesehen liegt die Belastung mit Feinstaub in Mega-Cities wie Peking, Delhi, Mexico-City oder Sao Paulo am höchsten. Der Grund, warum man auf Bildern aus China schon seit langem nur noch Menschen mit Mund-Nasen-Schutz sieht, ist übrigens nicht eine Vorsichtsmaßnahme gegen Viren (zumindest nicht nur), sondern vor allem der nötige Filter für die feinstaubbelastete Atemluft.

Feinstaub im Sinne von Nanopartikeln, die wir uns überflüssigerweise zuführen, ist aber auch in Privathaushalten mal mehr und mal weniger ein Thema, etwa beim Heizen. „Holzöfen erzeugen mehr Feinstaub als der gesamte Verkehr“, so ein Artikel des GEO Magazins von November 2018. Die heimische Befeuerung zu überprüfen und gegebenenfalls zu erneuern, sollte also zumindest mittelfristig das Ziel aller Holzofenbesitzer sein. Auf das gemütliche Flackern vorerst zu verzichten, wo jetzt ohnehin die Tage wärmer werden, kann in Corona-Zeiten zumindest nicht schaden.   

Einen kleineren Posten, aber dafür auch leichter entfernbar, machen noch diverse andere „Dreckschleudern“ in unseren Wohnzimmern aus: (Duft-) Kerzen, Räucherstäbchen, Wunderbäume und ähnlicher vermeintlich wohlriechender Krimskrams sind unnötige Feinstaubproduzenten. Auch Luftbefeuchter, zumal mit zugesetzten Aromen, dürfen kritisch betrachtet werden. Eine zu hohe Luftfeuchte begünstigt zudem Hausstaubmilben und Schimmelpilze, die (oder vielmehr deren Kot bzw. Sporen) wiederum unsere Lungen mehr schädigen, als dass die höhere Feuchtigkeit in der Luft nützen würde.

Gesundheit von Innen – ist das nicht zu einfach?

Klar ist, nicht jeder Stuttgarter oder Münchner hat ein Ferienhäuschen an der Nordsee, in das er sich jetzt verkriechen kann. Klar ist auch, von jetzt auf gleich können weder Autoabgase noch Fabrikemissionen eingestellt werden (wobei die aktuellen Ausgangsbeschränkungen und Kurzarbeit diesbezüglich zumindest kurzfristig günstige Effekte mit sich bringen). Auch werden Menschen mit Vorerkrankungen nicht zum Musterpatienten durch das Abschaffen des Wunderbaums. Vielmehr wenden wir uns hier an die hunderttausenden Menschen, die das Virus in den eigenen vier Wänden auskurieren werden müssen und dennoch froh sind über jede Erleichterung. Kleine Verbesserungen im Alltag können die Belastung für die Lunge verringern und vielleicht ja das Quäntchen ausmachen, das einen schwereren Verlauf begünstigt oder ausbleiben lässt.

Sonst noch was?

Aber ja! Die Lungenflügel zu trainieren hat sich als hilfreich erwiesen. Sport oder zügiges Spazieren sind hierzulande erlaubt und sogar gewünscht – und das aus einem guten Grund. Frische Luft tut unseren Lungen gut. Auch Yoga zu Hause zielt auf eine Tiefenatmung ab, die unsere Lungenflügel trainiert. Seilspringen, Tanzen, alles, was den Kreislauf und damit die Atmung in Schwung bringt, hilft. Und dem letzten Sportmuffel seien noch zwei Tipps gegeben, die auch erstaunliches bewirken: Lachen und Singen. Am besten laut und aus vollem Hals.

In diesem Sinne: keine Panik und erstmal tief durchatmen!

Lisa Keilhofer
Lisa Keilhofer
Autorin

Lisa Keilhofer studierte an der Universität Regensburg. Sie arbeitet im Bereich Internationalisierung und als freiberufliche Lektorin.

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