von Lisa Keilhofer

Digitales Crowd-Funding für das Mikrobiom – werde Teil der Forschung!

Ein Projekt von IBM Corporate Citizenship initiiert umfasst inzwischen 650.000 Einzelpersonen und 460 Organisationen.
Ein Projekt von IBM Corporate Citizenship initiiert umfasst inzwischen 650.000 Einzelpersonen und 460 Organisationen.

Die Mikrobiom-Forschung entwickelt sich in den letzten Jahren rasant. Vor allem die Entschlüsselung des Darm-Mikrobioms konnte dank moderner Sequenzierungstechniken beachtlich vorangetrieben werden, während beispielsweise die Erforschung unseres Haut-Mikrobioms noch relativ am Anfang steht (siehe auch: Lebende oder tote Bakterien in der Hautpflege). Ähnlich verhält es sich mit dem Lungen-Mikrobiom. Dennoch stellt sich manchmal das Gefühl ein, die Erforschung des menschlichen Mikrobioms gleicht der Dimension des gesamten Universums (und bei einem Umfang von etwa 30 Billionen – also 30 Millionen Millionen) Lebewesen, die auf und in uns existieren, ist der Vergleich durchaus erlaubt.

Erforschen wir das faszinierende Universum in uns

Die Erforschung, genauer gesagt die Sequenzierung, dieser abertausenden von Mitbewohnern, stellt einen kaum vorstellbaren Umfang dar. Die Entschlüsselung ist allerdings ein Unterfangen, das sich lohnt, wissen wir doch mittlerweile, dass die meisten dieser Mikro-Organismen „Freunde“ sind, die unsere Abwehrkräfte aktivieren und unsere Leistungsfähigkeit steigern. Gleichermaßen wissen wir, dass eine Kombination aus genetischer Disposition und ungünstiger Mikrobiom-Zusammensetzung Krankheiten wie Morbus Crohn begünstigt.

Wir wissen, dass das Beste für unser Mikrobiom wäre, wenn wir alle ein naturnahes Leben mit gesunder Ernährung und ausreichend Kontakt zu Tieren führen würden, aber gleichzeitig wissen wir, dass dies in unserer modernen Welt immer weniger Menschen vergönnt sein wird und dass wir die wissenschaftlichen Erkenntnisse zu den Auswirkungen (und mögliche Therapieansätze) dringend benötigen.

Die Lösung kommt mit dem 21. Jahrhundert: so genannte Super-Computer. Dies sind Rechner, die auf einen gemeinsamen Hauptspeicher zugreifen und ihre immense Rechenleistung aus vielen Prozessoren speisen.

Werde Teil von World Community Grid!

Mit diesem Artikel wollen wir euch auf eine Möglichkeit aufmerksam machen, wie wir diesem Ziel ein wenig näherkommen können. Es ist das faszinierende Projekt >>> World Community Grid:

Die Idee dahinter ist, dass viele einzelne Privatpersonen (oder Institute oder Unternehmen) die freien Kapazitäten ihrer Rechner zur Verfügung stellen und sich sozusagen zu einem Supercomputer zusammenschließen, der der Wissenschaft dringend benötigte Rechenleistung generiert. Das Projekt wurde 2004 von IBM Corporate Citizenship initiiert und umfasst inzwischen 650.000 Einzelpersonen und 460 Organisationen. Insgesamt konnten bis heute knapp 30 wissenschaftliche Forschungsunternehmungen unterstützt werden, darunter Untersuchungen zu HIV/ Aids und Krebsforschung.

Und auch die Erforschung des Mikrobioms steht auf der >>> Agenda: Bereits über 200.000 Proteinstrukturen konnten in nur 6 Monaten Laufzeit dank der Rechenleistung von unzähligen Unterstützern entschlüsselt werden – das ist in etwa ein Drittel aller überhaupt bekannten Proteinstrukturen in unserem Mikrobiom seit Anbeginn der Forschung. Initiiert wurde dieses Projekt von der University of California, San Diego. Im dortigen Team des Center for Microbiome Innovation arbeitet und forscht auch Dr. Rob Knight, der den Lesern unserer Homepage schon aus anderen Beiträgen bekannt ist, z.B.: Dreck macht Speck.

Und das Projekt ist noch nicht abgeschlossen, sondern wird wohl noch einige Jahre laufen. Ziel dieses Projektes ist unter anderem, durch die Entschlüsselung der Proteinstrukturen Krankheiten wie Diabetes Typ1 und entzündliche Magen-Darm-Krankheiten besser zu verstehen. Proteine können auf Grund ähnlicher Strukturen in so genannte Familien kategorisiert werden. Sobald nur ein „Familienmitglied“ bekannt und entschlüsselt ist, können Rückschlüsse auf Form und Funktion der ganzen „Verwandtschaft“ gezogen werden. So kann man schnell ausschließen, welche Familien für die weitere Forschung relevant sind und sich in der Forschung an oben genannten Krankheiten auf die Schlüsselfiguren konzentrieren.

Dazu werden nun nicht mehr die Genome einzelne Bakterien untersucht, sondern so genannte Pangenome, also die Gene ganzer Bakteriendomänen zusammengefasst. Die Forschung ist also vom Fußweg auf die Autobahn gelangt und das durch enorm beschleunigtes Datenvolumen der benötigten Rechner.

Kann mein bisschen Rechenleistung die Welt retten?

Das Prinzip von World Community Grid ist ähnlich wie beim Crowd Funding. Die Kapazität eines einzelnen Rechners ist mit dem gigantischen Datenvolumen, das zu bewältigen ist, gleich überfordert. Aber wenn sich hunderttausende Rechner zu einem Supercomputer bündeln, dann steigt die Rechenleistung enorm und das Unterfangen ist zu bewerkstelligen.

Und wer sich jetzt fragt, ob das bisschen Rechenleistung, das sein privater PC hergibt, einen Unterschied macht, dem sei folgendes gesagt: jedes durchschnittliche Handy hat heutzutage mehr Leistung, als für die erste Mondlandung benötigt wurde. Und nein, wir nutzen die Kapazitäten selten ganz aus. Also ja, wir alle haben mehr als genug übrig, um für diese gute Sache etwas abzugeben. Und das Beste ist: im Gegensatz zum echten Crowd Funding, bei dem man Geld gibt, ist die Rechenleistung damit ja nicht für immer weg. Man gibt nur das ab, was man im Moment selbst nicht braucht und hat es wieder zur Verfügung, wenn man seine private Mondlandung berechnen möchte. Also: warum nicht jeden Tag ein wenig mehr die Welt retten?

Lisa Keilhofer
Lisa Keilhofer
Autorin

Lisa Keilhofer studierte an der Universität Regensburg. Sie arbeitet im Bereich Internationalisierung und als freiberufliche Lektorin.

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