von Lisa Keilhofer

Rauchen und das Mikrobiom.

Die Diversität des Mikrobioms bei Rauchern fällt geringer aus als bei Nichtrauchern
Na, wer hätte das gedacht? Die Diversität des Mikrobioms bei Rauchern fällt geringer aus als bei Nichtrauchern.

Die Studien zum Thema Rauchen und der Einfluss auf das Mikrobiom sind zwar nicht gerade zahlreich, dafür aber relativ eindeutig. Zusammengefasst ist das Ergebnis nicht sonderlich verwunderlich, man kann es in den Warnhinweisen nachlesen, die auf den Verpackungen abgedruckt sind: Raucher sterben früher. Rauchen fügt Ihnen und den Menschen in Ihrer Umgebung erheblichen Schaden zu. Rauchen verursacht Mund-, Rachen- und Kehlkopfkrebs. Und so weiter. Interessant ist aber, dass die meisten dieser Folgeerscheinungen tatsächlich mit dem Einfluss des Rauchens auf das Mikrobiom zusammenhängen. Ein näherer Blick lohnt sich also.

Beginnen wir mit einer Meta-Studie von Ziv Savin et al., einer Gruppe jüdischer Forscher aus Tel Aviv bzw. Tel-Hashomer. Eine Meta-Studie ist eine Zusammenfassung verschiedener anderer wissenschaftlicher Untersuchungen unter bestimmten Kriterien, in dem Fall alle Studien zwischen 2000 und 2016 betreffend den Einfluss von Rauchen auf das Darm-Mikrobiom. Rauchen lässt den Anteil an Proteobakterien und Bakteroiden-Stämmen im Darm ansteigen, ebenso wie Clostridien und Prevotellae. Gleichzeitig wurde eine Reduktion von Actinobakterien und Firmicutes-Stämmen nachgewiesen, zusammen mit einem Rückgang an Bifidobakterien und Laktokokken. Der Anteil an anaeroben Bakterien bei Rauchern ist erhöht, möglicherweise wegen der immunsuppressiven Wirkung von Tabak.

Raucher mit Darmerkrankungen sind doppelt betroffen

Insgesamt wurde festgestellt, dass die Diversität des Mikrobioms bei Rauchern geringer ausfällt als bei Nichtrauchern. Dies wiederum zeichnet sich in einem eingeschränkten Immunsystem und höherer Anfälligkeit für Krankheiten aller Art ab. Oxidativer Stress und ein gestörtes Säure-Base-Verhältnis wurden ebenfalls verstärkt registriert. Die Zusammensetzung eines Raucher-Mikrobioms ähnelt der von Patienten, die an Fettleibigkeit oder Morbus Crohn bzw. anderen entzündlichen Darmerkrankungen leiden. Der Grund liegt wohl im verminderten Vorkommen des entzündungshemmenden Laktobazillus. Dies sollte ein Warnhinweis für alle Patienten der genannten Krankheiten sein, denn zusätzliches Rauchen sollte die Lage nur noch weiter verschlechtern (obwohl wahrscheinlich niemand daran geglaubt hätte, dass Rauchen irgendetwas verbessert). Die gute Nachricht ist: bei ehemaligen Rauchern nimmt die Diversität des Mikrobioms wieder zu und die Verschiebungen der anteilsmäßigen Zusammensetzung des Mikrobioms normalisieren sich wieder. Es ist also für erkrankte Raucher keinesfalls zu spät.

Rauchen und das Mikrobiom im Mund

Zwei weitere Artikel aus dem ISME Journal (Wu et al. 2016 und Ganesan et al. 2017) beleuchten das Mund-Mikrobiom und dessen Veränderungen bei Rauchern. Wu et al. benennen ähnliche Verschiebungen im Mund-Mikrobiom, die in obiger Studie zum Darm schon besprochen wurden, nur teilweise in die entgegengesetzte Richtung: So wurden bei Rauchern eine erhöhte Anzahl an Actinobakterienstämmen nachgewiesen, ebenso wie eine Reduktion von Prevotellae (im Darm-Mikrobiom genau gegensätzlich). Des Weiteren konnten verstärkte Reduktionen von Beta- und Gammaproteobakterien nachgewiesen werden. Bifidobakterien sowie Streptokokken sind dagegen deutlich mehr bei Rauchern als bei Nichtrauchern vorhanden. Mund-, Rachen- und Kehlkopfkrebs sehen die Autoren eindeutig als Konsequenz dieser veränderten Zusammensetzungen an. Auch hier kommen die Autoren zu dem tröstlichen Schluss, dass einerseits ehemalige Raucher wieder auf das Mikrobiom-Niveau von Nichtrauchern gelangen und dass andererseits auch die Anzahl der Zigaretten, die pro Tag geraucht werden, sich in den nachgewiesenen Konzentrationen niederschlägt.

Zwei Risikofaktoren, potenzierte Gefahr

Ähnlich desaströse Ergebnisse bescheinigt der Artikel von Ganesan et al. dem Rauchen. Das Mikrobiom unterhalb des Zahnfleisches wird bei Rauchern derart verändert, dass Parodontitis deutlich begünstigt wird. Der erhöhte Blutzuckerspiegel, den Raucher nachweislich haben, ähnelt dem von Diabetikern. Und hier kommt dieser Aufsatz an einen interessanten Punkt, der schon oben bei der Betrachtung von Rauchern mit Darmkrankheiten angedeutet wurde: Wer unter einer der genannten Krankheiten leidet oder eine genetische Prädisposition vorzuweisen hat, der sollte tunlichst nicht auf den bequemen Rückschluss kommen, bei ihm oder ihr sei es ohnehin schon egal, ob er oder sie noch zusätzlich raucht. Die Risikofaktoren addieren sich nicht nur, sie potenzieren sich sogar gegenseitig. Das Rauchen aufzugeben ist also immer eine sinnvolle Veränderung zum Besseren.

Lisa Keilhofer
Lisa Keilhofer
Autorin

Lisa Keilhofer studierte an der Universität Regensburg. Sie arbeitet im Bereich Internationalisierung und als freiberufliche Lektorin.

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