von Lisa Keilhofer

Süßstoffe sind doch schädlich für das Darm-Mikrobiom

Zucker ersetzen mit Süßstoff – wie gut ist das für unser Mikrobiom?
Zucker ersetzen mit Süßstoff – wie gut ist das für unser Mikrobiom? Picture: © minoandriani – stock.adobe.com

Seit Jahrzehnten sucht die Lebensmittelindustrie nach Alternativen zum Zucker. Dass dieser das Essen für die meisten Konsumenten schmackhafter macht, liegt einer Theorie zufolge daran, dass wir unterbewusst Nahrung bevorzugen, die uns an die süße Muttermilch erinnert. Auch sind süße Früchte meist ungiftig, während Bitteres oft auch Giftiges ankündigt – ein Frühwarnsystem und Schutzmechanismus der Pflanzenwelt. Produkttests zeigen eindeutig, dass Essen – vom Schokoriegel bis zur Tomatensoße – vom Konsumenten umso besser eingestuft wird, je mehr Zucker das Produkt enthält. Wer will da schon freiwillig hinter der Konkurrenz zurückstecken, noch dazu wo Zucker eine der billigsten (weil subventionierten) Zutaten ist?

Alternative Süßungsmittel als Kompromiss für den Kunden?

Nun ergaben sowohl wissenschaftliche Untersuchungen als auch die persönliche Erfahrung der Verbraucher, dass zu viel Zucker eindeutig negative Auswirkungen auf unsere Gesundheit hat, und der Endverbraucher greift gerne zu Produkten, die „ohne Zuckerzusatz“ verkauft werden (Artikel-Empfehlung: In die USA einzuwandern macht dick und verändert unser Mikrobiom). Damit die gesundheitsbewussten Leckermäulchen aber nicht auf die gewohnte Süße verzichten müssen, greift die Lebensmittelindustrie gerne zu alternativen Süßstoffen. Inwiefern diese aber unbedenklich sind, war und ist umstritten. Lange Zeit galten Süßstoffe als ungesund und führten im Supermarktregal immer ein Randdasein. Aber dann brachte eine kürzlich veröffentlichte >>> Studie von Lobach et. al. Entwarnung: Der Einsatz von sog. LowCarb-NoCarb Süßungsmitteln (LNCS) sei entgegen der bisherigen Annahme unbedenklich für das menschliche Darmmikrobiom und in handelsüblichen Mengen nicht schädlich.

Beide Ergebnisse der Studie sind falsch

Eine Revision der Untersuchung konnte diese Ergebnisse aber nicht verifizieren. Beide Aussagen sind falsch. Süßstoffe schädigen in der Tat eindeutig das Darmmikrobiom und auch in den üblichen Verzehrmengen.

Die >>> Studie startete eine Versuchsreihe mit 5 Vergleichsgruppen von je 10 Ratten (Ratten wurden von der United States Food and Drug Administration als geeignete Vergleichsspezies zum Menschen festgelegt). Den Gruppen wurde über 12 Wochen hinweg Wasser mit je 1,1mg; 3,3mg; 5,5mg bzw. 11mg Sucralose pro Kilo Körpergewicht und Tag gereicht. Die Vergleichsgruppe erhielt normales Trinkwasser. Die anschließend analysierten Kotproben wurden auf Bifidobakterien, Laktobazillen, Bacteroide, Clostridien sowie die Summe der anaeroben und aeroben Bakterien untersucht. In Summe ergab sich also eine Menge von 4.200 Messungen. Die Auswertungen zeigten eine absolut eindeutige Reduktion der genannten Darmbakterien und weitere negative Begleiterscheinungen im Stoffwechsel der Tiere.

Einsatz von Süßstoff schädigt Mikrobiom nachhaltig

Selbst 12 Wochen nach der letzten Sucralose-Gabe hatte das Darmmikrobiom der Versuchstiere die ursprüngliche Diversität noch nicht wiederhergestellt. Weitere Untersuchungen konnten nachweisen, dass die Anfälligkeit für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Stoffwechselerkrankungen (Typ2-Diabetes) sowie Übergewicht durch Sucralose eindeutig erhöht war. Versuchspersonen zeigten eine erhöhte Insulinausschüttung bei gleichzeitig reduzierter Insulinsensitivität, selbst bei moderaten Mengen, wie etwa einem Softdrink pro Tag bei normalgewichtigen Personen. Das Ergebnis der Studie knüpft also an frühere Befunde an und widerlegt die Ergebnisse von Lobach et. al. eindeutig. Sukralose (als Beispiel für weitere künstliche Süßstoffe) schädigt das Darmmikrobiom nachweislich. Gründe für die völlige Fehleinschätzung der Lobach-Studie liegen möglicherweise in der Finanzierung: Als Geldgeber fungierte ein Unternehmen namens Calorie Control Council, eine Interessensgemeinschaft aus Süßstoff-Unternehmen.

Zucker oder Süßstoff, was ist nun besser?

Der verunsicherte Verbraucher fragt nun zu Recht, welcher Studie überhaupt noch zu trauen ist und ob nun Zucker oder Süßstoff die bessere Wahl ist. Nun, welcher Studie zu trauen ist, ist für den Endverbraucher tatsächlich oft schwer nachzuvollziehen, da die Quellen der Finanzierung, die oft für falsche Ergebnisse sorgen, in der Regel nicht offengelegt werden. Und ob nun Zucker oder Süßstoff zu bevorzugen ist, da möchten wir von MyMicrobiome keine Empfehlung aussprechen, da natürlich auch Zucker negative Auswirkungen hat. Unser Tipp ist daher, sich möglichst ganz von industriell verarbeiteten Produkten zu verabschieden, frische Lebensmittel selbst zu verarbeiten und das persönliche Geschmacksempfinden so zu trainieren, dass einem gezuckerte Lebensmittel irgendwann nicht mehr fehlen.

Lisa Keilhofer
Lisa Keilhofer
Autorin

Lisa Keilhofer studierte an der Universität Regensburg. Sie arbeitet im Bereich Internationalisierung und als freiberufliche Lektorin.

Dir gefällt was du gelesen hast? Teile es mit deinen Freunden!

Zurück

Datenschutz­einstellungen

Wenn Sie auf „Alle akzeptieren“ klicken, stimmen Sie der Speicherung von Cookies auf Ihrem lokalen Gerät zu. Dadurch verbessert sich die Navigation auf der Seite, Videoinhalte können dargestellt werden und wir können anonym analysieren, ob die Seiten so genutzt werden, wie gedacht. Alle Freigaben erfolgen nach den Vorschriften der DSGVO.

You are using an outdated browser. The website may not be displayed correctly. Close