von Lisa Keilhofer

Mit wem wir unser Bett teilen: Wie sich das Mikrobiom von Hunden, Geschwistern und des Wohnbereichs in unseren Atemwegen niederschlägt

Kinderbettwäsche
Bakterien- und Pilzvorkommen in Kinderbettwäsche: Das sind unsere Mitbewohner (Picture: © Dragana Gordic - stock.adobe.com)

Im August 2020 veröffentlichte das Microbiome Journal einen Artikel über eine Studie, die den Zusammenhang zwischen Umwelteinflüssen, Mikroben in Kinderbettwäsche und dem Lungen-Mikrobiom von Kleinkindern untersuchte (1). Die Studie zeigte, dass Umwelteinflüsse wie Wohnort, Geschwister oder Haustiere sich in der Zusammensetzung der Mikroben in der Bettwäsche widerspiegeln. Zwischen dieser Besiedlung und den Mikroben in den Atemwegen wurde ein niedrigschwelliger Zusammenhang festgestellt.

Die Hypothese der Autoren lautete, dass Kinder sich heutzutage weitestgehend im Haus aufhalten und daher das Mikrobiom der Bettwäsche ein entscheidender Faktor für die Entwicklung des Atemwegs-Mikrobiom sein müsste. Grundlage für die Studie waren Proben der Copenhagen Prospective Studies on Asthma in Childhood Erhebung aus 2010 (2).

Im Rahmen der Studie wurden 584 Staub-Proben aus Kinderbettwäsche untersucht und mit 658 Abstrichen aus den Atemwegen der Kinder abgeglichen. Die Proben wurden mit Hochdurchsatz-Sequenzierung aufgeschlüsselt. Die Kinder waren zum Zeitpunkt der Probenahme 3 bzw. 6 Monate alt.

Einordnung der Studie in den Forschungs-Stand

Damit konnte die Studie eine Lücke in der Forschung schließen, denn bisherige Studien zu Mikroben umfassten im privaten Umfeld vor allem die Bereiche Fußboden, Küchen- und Bad-Armaturen oder teilöffentliche Bereiche wie Kindergärten, Schulen oder Krankenhäuser. Bislang wurde jedoch wissenschaftlich die naheliegendste Annahme kaum betrachtet, dass wir und unser Umfeld beeinflussen, mit welchen Pilzen und Bakterien wir unser Bett teilen.

Die Atemwege eines Säuglings sind anfangs nahezu keimfrei, werden nach der Geburt aber zügig besiedelt. Die Autoren der Studie sehen – basierend auf ähnlich angelegten Studien – in der frühen Kindheit den Schlüssel zu einem weitestgehend Allergie- und Asthma-freien Leben (3). Da Bettwäsche einen Querschnitt aller Umwelteinflüsse aufnimmt, eignen sich Staub-Proben von Bettwäsche besonders, um die Einflüsse auf die kindlichen Atemwege zu untersuchen.

In einer der wenigen ähnlichen Studie fanden Forscher der TU München heraus, dass Bakterien, die üblicherweise mit Viehhaltung assoziiert werden, sich günstig auf ein allergiefreies Leben auswirken (4). Diese wurde an 26 Höfen in Bayern durchgeführt und identifizierte ein hohes Vorkommen an dem eigentlich durchaus gesundheitsschädlichen Keim Listeria monocytogenes in Kindermatratzen und eine damit korrelierende niedrige Allergie-und Asthma-Neigung der Kinder (5).

Die Erhebungen der Copenhagen Prospective Studies on Asthma in Childhood sind vor allem insofern wertvoll, als sie ausgesprochen umfangreich und gewissenhaft durchgeführt wurden. So wurde etwa dokumentiert, ob die Staub - und zugehörigen Atemwegs-Proben aus einem Haus oder einer Wohnung stammen, ob der Wohnort im städtischen oder ländlichen Raum liegt und ob Haustiere im Haushalt leben, wobei hier ausschließlich der Einfluss von Hunden und Katzen auf die taxonomische Vielfalt erfasst wurde. Vorausgehende Studien zeigten hinsichtlich Haustieren und Allergie-Risiko widersprüchliche Ergebnisse. (Studie zu niedrigerem Risiko für Allergien: 6, Studie zu höherem Risiko für Allergien: 7) Allerdings kamen mehr Studien zu dem Ergebnis, dass das Zusammenleben mit Haustieren und vor allem mit Hunden, das Risiko für Allergien senkt.

Bakterien- und Pilzvorkommen in Kinderbettwäsche: Das sind unsere Mitbewohner

Die 6 am häufigsten vorkommenden Bakterienstämme waren Firmicutes, Proteobacteria, Actinobacteria, Cyanobacteria, Bacteriodetes und Fusobacteria. Bei den Firmicutes stammen die meisten aus der Klasse der Bacilli, davon wiederum Vertreter der Familien Streptococcaceae und Stapylococcaceae, wie Streptococcus, Staphylococcus, Rothia, Haemophilus, Paracoccus und Corynebacterium. Die Analyse der Proben ergaben eine beeindruckende Vielfalt von 102 Pilzgattungen. Den größten Anteil hatten Ascomycota mit rund 82 %, gefolgt von Basidiomycota mit nur ca. 7 %. Daneben konnte noch unter 1 % bis auf Stamm-Ebene klassifiziert werden, bei den restlichen 10 % war diese Zuordnung nicht möglich.

Zudem wurde ein positiver Zusammenhang zwischen bakteriellem Vorkommen und vorhandenen Pilzen verzeichnet. Das heißt, dass eine hohe Diversität und Dichte an Bakterien auch ein hohes Vorkommen an Pilzen mit sich brachte, dass beide Formen also nicht konkurrieren, sondern zumindest koexistieren oder sich sogar begünstigen.

Welche Faktoren beeinflussen das Leben in unserem Bett?

Die Diversität der Bakterien wird davon beeinflusst, ob es sich um ein Haus oder eine Wohnung handelt. Auch der Wohnort im städtischen Umfeld im Vergleich zu einem ländlichen Umfeld zeichnete sich ab. Diese Erkenntnis unterstützt die oft genannte Hypothese, dass das reduzierte Vorkommen von Mikroben im städtischen Umfeld allgemein (nicht nur auf Bettwäsche bezogen), die Anfälligkeit für Allergien erhöht (8).

In den Proben überwiegten Gram-positive Bakterien, darunter Staphylococcus, Streptococcus und Corynebacterium, deren Vorkommen üblicherweise in vom Menschen dominiertem Umfeld nachzuweisen sind und die sich auch im menschlichen Haut-Mikrobiom finden.

Ebenso spiegelte sich das Vorkommen von Haustieren in der mikrobiellen Besiedlung der Bettwäsche wider. Vor allem die Anwesenheit von Hunden zeichnete sich als positiv ab, denn sie brachte ein erhöhtes Vorkommen an Acinetobacter mit sich, welche sich in anderen Studien als hilfreich gegen die Entwicklung von Allergien und entzündlichen Reaktionen der Haut gezeigt haben (9). Familien, die sowohl Hund als auch Katze hatten, wiesen in ihrer Kinderbettwäsche ein erhöhtes Vorkommen an Corynebakterien und Staphylokokken auf, welche im menschlichen Mikrobiom in der Nase und auf der Haut zu finden sind und mit guten Abwehrkräften assoziiert werden.

Auch Geschwisterkinder sorgten für ein erhöhtes Vorkommen an Pilzen und Bakterien in der Bettwäsche. Vor allem männliche Geschwisterkinder zeichneten sich als wahrer Bakterien- und Pilz-Booster ab. Die Erkenntnis, je mehr Geschwister, umso größer der Artenreichtum an Pilzen und Bakterien im Bett, ist die logische Konsequenz. Dabei scheinen sich wieder vor allem männliche Geschwister als förderlich für die Artenvielfalt abzuzeichnen. Wer Söhne oder Brüder oder beides hat, wird sich über derartige Erkenntnisse nicht wundern. (für alle, die nicht in diesen Genuss kommen, untermauert diese Studie die These: 10)

Haupteinflussfaktor auf die Zusammensetzung des Mikrobioms sind die Bewohner eines Haushalts. Dies unterstreicht eine Studie des US-amerikanischen National Institute of Health (11). Interessant ist in diesem Zusammenhang übrigens noch eine Studie der South China Agricultural University, die die Mikrobenvielfalt von Hotelzimmern in Asien und Europa untersuchte. Dazu wurden Proben vom oberen Sims des Türrahmens genommen. Entsprechend der oben diskutierten Studie Copenhagen Prospective Studies on Asthma zeigten sich die Proben charakteristisch je nach Lage des Hotels, Beschaffenheit des Bodens und Art der Belüftung des Raumes (12).

Wie unsere Bettwäsche unser Mikrobiom beeinflusst

In einem zweiten Schritt untersuchte die Studie, welchen Einfluss die Mikroben-Vielfalt in der Kinderbettwäsche auf das kindliche Atemwegs-Mikrobiom hat. Zunächst ist festzuhalten, dass es kleinere Überschneidungen zwischen beiden Ökosystemen gab, aber der Transfer von Mikroben aus Bettwäsche in die Atemwege scheint nicht gravierend.

Zusammenfassend kann man also sagen, dass es einen offensichtlichen Zusammenhang zwischen dem äußeren Umfeld und der Beschaffenheit der Mikroben in der Bettwäsche gibt. Gleichzeitig ist der Einfluss auf das Atemwegs-Mikrobiom zwar vorhanden, aber nicht gravierend.

Was können wir tun?

Eine konkrete „Handlungs-Direktive“ lässt sich aus den Ergebnissen nicht ableiten. Was aber auch bedeutet, dass Bewohner haustierfreier Stadtwohnungen nicht in Panik geraten brauchen, dass ihre Kinder zwangsläufig zu Allergikern oder Asthmatikern werden. Haustierbesitzer können aber beruhigt weiter ihr Bett mit ihren Lieblingen teilen, die Anwesenheit und der damit einhergehende Staubeintrag von Hunden, Katzen – und männlichen Geschwistern – ist im Zweifelsfall positiv zu bewerten.

Links zu Quellen:

(1) https://microbiomejournal.biomedcentral.com
(2) www.sciencedirect.com/
(3) Thorsen J, Rasmussen MA, Waage J, Mortensen M, Brejnrod A, Bønnelykke K, et al. Infant airway microbiota and topical immune perturbations in the origins of childhood asthma. Nat Commun. 2019; 10: 5001
(4) www.lungenaerzte-im-netz.de
(5) europepmc.org/article/med/18377890
(6) Pelucchi C, Galeone C, Bach J-F, La Vecchia C, Chatenoud L. Pet exposure and risk of atopic dermatitis at the pediatric age: a meta-analysis of birth cohort studies. J Allergy Clin Immunol. 2013; 132: 616-622.e7.
(7) Pyrhönen K, Näyhä S, Läärä E. Dog and cat exposure and respective pet allergy in early childhood. Pediatr Allergy Immunol. 2015; 26: 247–255.
(8) Hanski I, von Hertzen L, Fyhrquist N, Koskinen K, Torppa K, Laatikainen T, et al. Environmental biodiversity, human microbiota, and allergy are interrelated. Proc Natl Acad Sci U S A. 2012; 109: 8334-8339.
(9) Fyhrquist N, Ruokolainen L, Suomalainen A, Lehtimäki S, Veckman V, Vendelin J, et al. Acinetobacter species in the skin microbiota protect against allergic sensitization and inflammation. J Allergy Clin Immunol. 2014; 134: 1301–1309.e11.
(10) Ege MJ, Mayer M, Normand A-C, Genuneit J, Cookson WOCM, Braun-Fahrländer C, et al. Exposure to environmental microorganisms and childhood asthma. N Engl J Med. 2011; 364: 701–719.
(11) Lax S, Smith D, Hampton-Marcell J, Owens S, Handley K, et.al. Longitudinal analysis of microbial interaction between humans and the indoor environment. Science. 2014;345: 1048-1052.
(12) Fu X, Li Y, Yuan Q, Cai G-H, Deng Y, Zhang X, Norbäck D, Sun Y. Continental-scale microbiome study reveals different environmental characteristics determining microbial richness, composition, and quantity in hotel rooms. mSystems. 2020; 5:e 00119-20.

Lisa Keilhofer
Lisa Keilhofer
Autorin

Lisa Keilhofer studierte an der Universität Regensburg. Sie arbeitet im Bereich Internationalisierung und als freiberufliche Lektorin.

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